Sprache, Kommunikation, PR
Eine Gratwanderung: Einfache Botschaften in der PR
30.01.2024, Barbara Lamb
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Unser Gehirn neigt dazu, Komplexität zu reduzieren, um die Welt um uns herum besser zu verstehen. Dieses Phänomen ist evolutionär bedingt und diente dazu, schnelle Entscheidungen in lebenswichtigen Situationen zu treffen. In der modernen Welt bedeutet das, dass wir dazu neigen, komplexe Themen in einfache Kategorien einzuteilen - gut oder schlecht, schwarz oder weiß. In der Welt der Public Relations angewendet, wird dieses Prinzip der Vereinfachung zu einer Gratwanderung zwischen klaren, einfachen Botschaften und den damit verbundenen Risiken. Einseitige Vereinfachungen können zu Missverständnissen, falschen Annahmen und sogar langfristigen Schäden führen. Ein Blick auf das Phänomen Donald Trump bietet spannende Einblicke in die Anwendung von komplexreduziertem Denken und wirft kritische Fragen zur Vereinfachung in der PR auf.
Ein Beispiel aus der Politik: Die Mauer zu Mexiko und wirtschaftliche Versprechungen
Donald Trumps politischer Erfolg beruht in vielerlei Hinsicht auf der geschickten Anwendung komplexreduzierten Denkens. Seine klaren Versprechen, sei es der Bau einer Mauer zu Mexiko oder die Ankurbelung der Wirtschaft, sprechen gezielt die Fähigkeit unseres Gehirns an, Komplexität zu reduzieren. Die Idee, eine Mauer zu Mexiko zu bauen und die Wirtschaft anzukurbeln, sind klare und einfache Botschaften. Die Einfachheit seiner Botschaften hat dazu beigetragen, eine emotionale Verbindung zu seinen Anhängern aufzubauen. Diejenigen, die sich über diese Versprechen gefreut haben, ordnen Trump positive Eigenschaften zu, während negative Aspekte möglicherweise weniger relevant erscheinen. Sollten wir also alle in der PR auf einfache Botschaften setzen?
Die Rolle der PR: Einfache Botschaften für komplexe Themen
In der Public Relations ist es von entscheidender Bedeutung, komplexe Themen in einfache Botschaften zu übersetzen. Klare Kommunikation ist wirksam, da sie die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche lenkt. Unternehmen können von dieser Strategie profitieren, indem sie ihre Botschaften klar, prägnant und leicht verständlich gestalten. Doch als Kommunikationsspezialistin muss ich mir bewusst sein, dass einfache Botschaften nicht nur Wirkung, sondern auch Risiken mit sich bringen. Es ist entscheidend, die Balance zwischen klaren Botschaften und der Wahrung von Komplexität zu finden. Unternehmen sollten nicht nur auf den Trump-Effekt setzen, sondern sicherstellen, dass ihre klaren Botschaften auf einer soliden Grundlage basieren. Der Blick auf die Gefahren einfacher Botschaften in der PR erinnert daran, dass Einfachheit nicht auf Kosten von Präzision, Vielfalt und Lösungsorientierung gehen sollte.
Die Herausforderung der Grautöne
Vor allem der Umgang mit komplexen Themen, wie zum Beispiel Atomkraft, zeigt die Herausforderung des komplexreduzierten Denkens. Unser Gehirn neigt dazu, eine klare Meinung zu bilden und ist zögerlich, Grautöne zu akzeptieren. Doch in der realen Welt sind die meisten Themen nuanciert und vielschichtig. Eine zu starke Vereinfachung kann zu Oberflächlichkeit, Verzerrungen und mangelnder Berücksichtigung von Vielfalt führen.
- Oberflächlichkeit und Verzerrung: Eine zu starke Vereinfachung kann dazu führen, dass wichtige Nuancen und Details verloren gehen. Komplexe Themen erfordern oft differenzierte Betrachtungen, und eine allzu einfache Botschaft kann zu einer oberflächlichen Wahrnehmung führen. Dies birgt die Gefahr, dass wichtige Aspekte übersehen oder falsch interpretiert werden.
- Manipulation und Vereinfachung komplexer Realitäten: Politiker und Marken nutzen manchmal einfache Botschaften, um ihre Agenda zu fördern. Dies kann zu einer manipulativen Darstellung von komplexen Realitäten führen. In der PR müssen Unternehmen darauf achten, dass ihre klaren Botschaften nicht dazu dienen, Informationen zu verschleiern oder die Realität zu vereinfachen, um eigene Interessen zu schützen.
- Mangelnde Berücksichtigung der Vielfalt der Zielgruppen: Eine einfache Botschaft mag für eine Zielgruppe klar sein, aber sie kann andere Gruppen ausschließen oder falsch ansprechen. In einer globalisierten Welt mit unterschiedlichen Hintergründen und Perspektiven müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre klaren Botschaften für verschiedene Zielgruppen relevant und verständlich sind.
- Langfristige Glaubwürdigkeitsverluste: Wenn eine einfache Botschaft nicht der Realität entspricht oder sich als unvollständig herausstellt, kann das zu erheblichen Glaubwürdigkeitsverlusten führen. Vertrauen, einmal verloren, ist schwer zurückzugewinnen. Unternehmen müssen daher sicherstellen, dass ihre klaren Botschaften auf einer soliden Grundlage basieren und nachhaltig sind.
- Mangelnde Lösungsorientierung: Einfache Botschaften neigen dazu, Probleme zu vereinfachen, können jedoch dazu führen, dass komplexe Herausforderungen nicht angemessen angegangen werden. PR-Strategien sollten nicht nur auf das Kommunizieren von Herausforderungen abzielen, sondern auch darauf, konkrete Lösungsansätze aufzuzeigen.
Die Kunst der Klartext-Kommunikation in der PR liegt darin, die Balance zu finden
Als Kommunikationsspezialistin erkenne ich die ständige Herausforderung, klare und einfache Botschaften zu vermitteln, ohne die Realität zu verzerren. Der Weg des komplexreduzierten Denkens kann effektiv sein, er erfordert jedoch ein Bewusstsein für die potenziellen Risiken. Es ist entscheidend für gelungene Kommunikation, die Balance zwischen klaren, einfachen Botschaften und der Berücksichtigung von Komplexität zu finden. Unternehmen müssen sich der potenziellen Gefahren von zu starker Vereinfachung bewusst sein und sicherstellen, dass ihre Kommunikationsstrategien sowohl wirksam als auch ethisch verantwortlich sind. Die Kunst besteht darin, klare Botschaften zu vermitteln, ohne dabei die Realität zu verzerren oder wichtige Aspekte zu vernachlässigen, damit die PR langfristig erfolgreich und vertrauenswürdig agieren kann. Nur so können wir langfristige Vertrauensbeziehungen zu unserem Fachpublikum aufbauen und pflegen.